Nachruf Ede Glittenberg

Gründer des Indiwi
von Lisa Reimann
Man kann ihn als Urvater der inklusiven Kinder- und Jugendreisen sehen: Ede Glittenberg. Mit ihm fing alles an. Das heutige Indiwi ist geprägt von seinem unerschöpflichen Engagement für eine bessere inklusive Gesellschaft ohne Ausgrenzung. Ein „zu behindert“ gab es für Ede nicht. Jedes Kind konnte an den Aktivitäten und Reisen des Indiwis, das damals noch BDP Integrationsprojekt hieß, teilnehmen - ganz einfach weil es ein Kind war. Wir trauern um Ede Glittenberg, der nach langer Krankheit verstarb und mit seinem Herzblut und Kampfgeist der inklusive Kinder- und Jugendfreizeitarbeit in Berlin den Weg ebnete.

Für Ede war niemals das Kind schuld, sondern die Umstände und Bedingungen unzureichend.

Ede sah immer das Kind mit seinen Bedürfnissen und klagte zu Recht die fehlenden Teilhabestrukturen im damaligen Berlin an. Durch seine Auseinandersetzungbereitschaft erstritt er einen Raum für inklusive Kinder- und Jugendarbeit und sorgte durch sein Engagement, dass sich diese Teilhabemöglichkeiten stetig vergrößerten.

Für Ede war niemals das Kind schuld, sondern die Umstände und Bedingungen unzureichend. Ede sah immer das Kind mit seinen Bedürfnissen und klagte zu Recht die fehlenden Teilhabestrukturen im damaligen Berlin an. Durch seine Auseinandersetzungbereitschaft erstritt er einen Raum für inklusive Kinder- und Jugendarbeit und sorgte durch sein Engagement, dass sich diese Teilhabemöglichkeiten stetig vergrößerten.

Am Anfang standen die Reisen. Als Mitte der 80er Jahre eher zufällig Kinder mit Behinderungen auf einer Kinderreise nach Norwegen mit dabei waren und es wundervolle Abenteuer für alle Kinder waren, fing Ede Feuer. Er erkannte die Diskriminierungsstrukturen und begann inklusive Prozesse anzustoßen. Mit viel langen Atmen und Edes Veränderungswillen gelang es ihm eine feste, landesweite Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung zu etablieren: das BDP Integrationsprojekt e.V. in Berlin Kreuzberg - das heutige Indiwi. Einzigartig ist seiner Art. 

Nach wie vor nehmen Kinder- und Jugendliche mit Behinderungen nicht selbstverständlich an offenen Freizeitangeboten teil.

Preise -wie die der Kinder- und Familienstiftung als beste Kinder und Jugendfreizeiteinrichtung- würdigten seine Arbeit. Doch am meisten profitierten die vielen Kinder, die jedes Jahr an den Reisen mitfuhren oder täglich die Einrichtung besuchten. Viele Eltern sind Ede unendlich dankbar, da das Integrationsprojekt damals der einzige Reiseanbieter war, der gemeinsames Spielen und Lernen in dieser Form ermöglichte. 

Seine lustigen Scherze und sein Art auf die Familien zuzugehen, schaffte Bindung und Vertrauen. Ede nahm sich Zeit, um mit den Familien Details für die Reise zu besprechen. Keine Selbstverständlichkeit. Man kann sagen: er kannte die Kinder und Familien. Er kannte die Familiensituationen, wusste teilweise die Namen der Stofftiere, die Hobbys, Angewohnheiten und andere Hintergründe der Kinder und Jugendlichen. Er konnte gut von den Abenteuern, die auf den Reisen oder im Integrationsprojekt passierten, berichten.: anschaulich, nahbar und auch humorvoll.

Viele Kinder fuhren über Jahre hinweg auf die Reisen mit bis einige schließlich auch Betreuer*in wurden. Somit setzte er ganz selbstverständlich die Prinzipien von Selbst- und Mitbestimmung um, indem er junge Leute in verantwortungsvolle Positionen brachte. Prinzipien die damals wie heute wesentliche Charakteristika von Jugendverbandsarbeit sind. Auch Menschen mit Behinderungen gelangten so in pädagogische Positionen. Einige fanden dadurch ihr berufliches zu Hause.

Wäre Ede nicht gewesen, wären viele Kinder mit Behinderung damals weiterhin unter sich gewesen: in Sonderschulen, auf Sonderreisen für Kinder mit Behinderungen oder besonderen Freizeitangeboten für ausschließlich behinderte Kinder.

Ede wird als Gründer immer mit dem Integrationsprojekt/Indiwi in Verbindung sein. Er wird vielen Menschen in Erinnerung bleiben. Wer lange genug im Integrationsprojekt gearbeitet hat, kennt seinen Geburtstag (als Code für den Kopierer) und Edes persönliche Geschichten, ob vom Schinken im KaDeWe, von der Lehrerin, die Ben nicht wieder finden konnte oder den frühen Jahren beim BDP (Bund Deutscher Pfadfinder*innen).

Ede hat viele Menschen zusammengebracht. Viele kennen sich noch heute. Freundschaften, Liebschaften, Ehen und Kinder sind entstanden. Ede war ein Anstifter für Inklusion. Ob beim Senat, in der Politik, unter den freien Trägern oder einfach im Alltag. Er war ansprechbar und nahm sich Zeit: für Kinder, für Eltern, für Mitarbeiter*innen. Begeistert trug er die Inklusionsidee weiter und hatte durch seine langjährigen Erfahrungen immer Praxisbeispiele für inklusive Prozesse. Wenn jemand meinte, Inklusion funktioniere nicht oder nur so und nicht so, konnte Ede souverän kontern. Er war überzeugend und an den Stellen kämpferisch, die es erforderten. Er stritt sich mit Kostenstellen der Bezirksämter, wenn sie sich weigerten die Kosten für die Reisen zu übernehmen und fand zur Not alternative Lösungen, damit das Kind teilnehmen konnte. 

Ede war Multiplikator. Wie viele Betreuer*innen, die im Integrationsprojekt arbeiteten oder die Reisen begleiteten, haben dadurch von Integration/Inklusion erfahren und danach angefangen etwas in der Richtung zu studieren? Es waren etliche. Und es waren auch etliche die von Edes Menschenbild angesteckt wurden. Er hatte einen solidarischen und empathischen Blick auf Menschen, insbesondere auf Kinder - besonders auf Kinder, die Schwierigkeiten mit der Welt hatten.

Für Ede war klar: wir helfen uns gegenseitig: dem einen beim Schuhe zu binden, dem anderen bei Heimweh. Sein Herz schlug inklusiv.

In tiefer Trauer nehmen wir Abschied von Ede Glittenberg. Du fehlst. Wir sind mit den Gedanken bei Edes Familie.

Team des Indiwi

das ehemalige Kollegium des BDP Integrationsprojektes und der Reisen
Vorstand Indiwi
Team Indiwi